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Chromotop 07 - Am Schweizer Garten / Quartier Belvedere

Lichtgrafik

„Grundraster“, Victoria Coeln

Das Raster, Sinnbild für gesellschaftliche Raster, steht für Orientierung aber auch Sicherheit, Inklusion oder Exclusion. Wie kann die Würde des Menschen als Grundrecht geachtet und geschützt werden? Diese Frage stellt sich speziell hier im neu errichteten Quartier Belvedere in der Nähe des Hauptbahnhofs, an einem Ort, der nach  einem Hilfsprogramm benannt ist: Der Name „Am Schweizer Garten“ soll an die Hilfssendungen der Schweiz nach dem Ersten Weltkrieg erinnern. Sie haben vielen Bewohnerinnen und Bewohnern der hungernden Stadt Wien ihre Würde zurückgegeben.

„Das Raster ist ein antihierarchisches System oder, wie Sigmar Polke es für sich definierte, „eine Methode, Struktur. Es zerlegt, streut, ordnet.“ Doch bietet gerade das Raster die Möglichkeit, durch eine Abweichung, durch Brüche in der Struktur eine Irritation oder „Störung“ herbeizuführen. Bei Victoria Coeln ist die Störung dieser Systematik gleichbedeutend mit dem Aufbrechen einer strengen Logik. Einerseits wird durch die Diagonalen das klassische Raster durchbrochen, andererseits ergeben sich durch die Projektion von mehreren Scheinwerfern und die Montage an öffentlichen Masten Bewegungen und Unregelmäßigkeiten an den Schnittstellen. Die Störung einer Logik bedeutet das Ausbrechen aus der Schematik. Der französische Künstler François Morellet fasst es so: „Ich liebe die beiden großen Prinzipien, wenn sie sich verbinden, und ich ertrage sie kaum, wenn ich ihnen einzeln begegne: die Ordnung und die Unordnung, oder wenn man so will: die Logik und das Absurde. Ich liebe den Ablauf eines unerbittlich scheinenden Systems unter der Bedingung, dass ein anderes System oder irgendeine Störung dazwischenhaut oder, höflicher ausgedruckt, es belebt.“ Die Belebung oder Brechung des Rasters in Coelns künstlerischer Arbeit kann durchaus gesellschaftskritisch gelesen werden. Wie starr, wie offen ist unsere Gesellschaft? Wo stecken wir unsere eigenen Grenzen ab, wo erweitern wir unseren Raum? Wo werden Grenzen und Räume überschritten? Wer bestimmt die fremdbestimmten?“
(Kerstin Jesse)

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Der Lichtort

Die Gartenanlage wurde 1905 neben dem damaligen Ostbahnhof errichtet und nach Erzherzogin Maria Josepha, der Mutter Karl I., benannt. 1920 wurde sie zur Erinnerung an die Hilfe aus der Schweiz in „Am Schweizer Garten“ umbenannt. Im Park wurde 1966 das „Staatsgründungsdenkmal“ enthüllt. Die vom Künstler Heinrich Deutsch gestaltete Säule erinnert an die Gründung der Zweiten Republik am 27. April 1945. Damit trat die österreichische Verfassung aus dem Jahr 1920 wieder in Kraft. Geht man quer durch den Schweizer Garten, so kommt man zu Chromotop 05 Kelsenstraße/Ghegastraße, die nach Hans Kelsen, dem „Architekt“ der Verfassung.

Photo Credits: NIPAS / Helmut Prochart / Bildrecht / 2022